Landrat diskutiert Herausforderungen für die Pflege | Kurier Dachau

Veröffentlicht am 23.10.2024 12:51

Landrat diskutiert Herausforderungen für die Pflege

Im Adolf-Hölzl-Saal fand der Bürgerdialog „Pflege am Wendepunkt?“ statt. Landrat Stefan Löwl hatte Bürgerinnen und Bürger eingeladen, um angesichts des demografischen Wandels und der damit verbundenen Herausforderungen in der Pflege über Rahmenbedingungen und Lösungsansätze zu diskutieren. „Wir müssen uns dringend und unmittelbar dem demografischen Wandel und dem Thema Pflege stellen“, betonte er.
Die Bevölkerung wird zunehmend älter: Bereits jetzt sind etwa 20 % der Bewohner über 65 Jahre alt – und dieser Anteil wächst weiter. Damit steigt auch der Bedarf an Pflegeleistungen, während der Fachkräftemangel in der Pflegebranche trotz deutlicher Steigerung der finanziellen Attraktivität immer spürbarer wird. Die Belastungen für Pflegekassen und Sozialsysteme nehmen zu, was die Bedeutung einer frühzeitigen Strategie zur Verbesserung der Pflegeinfrastruktur unterstreicht.

Die Aufgaben besser verteilen

Im Mittelpunkt des Abends stand der Vortrag von Prof. Thomas Klie, der die Ergebnisse des bayernweiten Monitorings zum Pflegepersonalbedarf 2023 präsentierte. Die von der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) in Auftrag gegebene Studie liefert Einblicke in die Pflegeinfrastruktur, die Beschäftigungssituation und den Qualifizierungsbedarf in Bayern. Besonders betont wurden die regionalen Bedürfnisse und Herausforderungen des Landkreises Dachau auch im Vergleich zu anderen Landkreisen.
Ein zentrales Problem sei, dass der Pflegealltag zunehmend von Verwaltungs- und Dokumentationsaufgaben geprägt sei, wodurch Fachkräfte weniger Zeit für die eigentliche Pflege hätten. Klie plädierte dafür, diese Aufgaben besser zu verteilen, sodass Fachkräfte sich wieder verstärkt auf die Pflege konzentrieren können. Aktuell mache jede Fachkraft alles. Die Strukturierung der Pflegeaufgaben und die kompetenzorientierte Zuordnung von Aufgaben wird daher künftig immer wichtiger.

Häusliche Pflege verbessern

In der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich Expertinnen und Experten mit den gut 50 Besucherinnen und Besuchern über mögliche Lösungsansätze aus. Neben Prof. Klie nahmen auch MdL Bernhard Seidenath als Stimmkreisabgeordneter und Gesundheitsexperte, Nina Fuchs (Leiterin des Pflegeheims Wollomoos) sowie Angela Hansmann-Goertz (ehem. Schulleiterin der Berufsfachschule für Pflege und Altenpflegehilfe des Franziskuswerks) an der Diskussion teil. Aber auch im Publikum waren viele Akteure der Pflegelandschaft im Landkreis Dachau anwesend. Themen wie die Verbesserung der häuslichen Pflege, die Entlastung pflegender Angehöriger und die Notwendigkeit einer breiteren Unterstützung durch die Politik standen im Fokus. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit einer Anpassung des Entlastungsbetrags für pflegende Angehörige, der seit 2017 nicht erhöht wurde.

Mehr Personal ist „unwahrscheinlich”

Landrat Stefan Löwl fasste die wichtigsten Punkte zusammen: „Der Status des Pflegeberufs muss weiter aufgewertet werden. Der Beruf gibt viel zurück und ist ein sozialkritisch wichtiger Baustein unserer Gesellschaft.“ Gleichzeitig wies Löwl darauf hin, dass es unwahrscheinlich sei, in naher Zukunft mehr Pflegepersonal zu gewinnen. Stattdessen müsse mit den vorhandenen Fachkräften eine Neustrukturierung erfolgen, um den steigenden Bedarf zu bewältigen. Auch die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sei eine wichtige, aber begrenzte Ressource, da strukturelle Barrieren noch immer sehr hoch sind.
Nina Fuchs betonte, dass Personen, die in der Pflege arbeiten wollen, auch die Möglichkeit dazu bekommen sollten. Eine besondere Herausforderung sei die Kurzzeitpflege, die pflegende Angehörige entlasten könnte, wofür jedoch mehr Plätze geschaffen werden müssten.

Enge Zusammenarbeit unverzichtbar

Der Bürgerdialog verdeutlichte, dass in der Pflege tiefgreifende Veränderungen notwendig sind. Diese Veränderungen erfordern nicht nur neue Konzepte, sondern vor allem die enge Zusammenarbeit aller Akteure im Landkreis – von Pflegeeinrichtungen über pflegende Angehörige bis hin zu Bildungsträgern. Auch die Unterstützung und Mitwirkung der Politik auf Landes- und Bundesebene ist entscheidend, um langfristige und nachhaltige Lösungen zu finden.

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