Kaum ein Tier ist in der Stadt so unbeliebt wie die Taube. „Entgegen der landläufigen Meinung gehören Stadttauben nicht zu den Wildtieren. Sie sind verwilderte Haustiere”, erklärt Kristina Berchtold vom Tierschutzverein München. „Tauben sind keine freiwilligen Kulturfolger, sondern wurden tausende Jahre derart hingezüchtet, dass sie sich rasch vermehren, um ihren Haltern Fleisch, Eier und Federn zu liefern.” Es handele sich also um ein von Menschenhand geschaffenes Problem.
„In die Vergrämung wird inzwischen viel Geld investiert. Doch Spikes, Netze, Kleber oder die Bejagung durch Greifvögel verhindern keinesfalls die weitere Verbreitung der Tauben. Denn je mehr Plätze in der erwachsenen Population durch Tode frei werden, umso höher ist die Vermehrungsrate”, gibt Berchtold zu bedenken.
Dieser tierquälerische Kreislauf muss nicht zwangsläufig immer so weitergehen, wie das sogenannte Augsburger Modell seit über zwanzig Jahren beweist: Bereits 1997 wurde in der Fuggerstadt der erste betreute Taubenschlag eingerichtet, um die unkontrollierte Vermehrung der Vögel zu unterbinden. Die Idee ist simpel: Anstatt die Tiere immer weiter zu vertreiben, wird ihnen eine Heimstatt angeboten, in der sie artgerecht gefüttert und gehalten werden. Da im Taubenschlag auch Nistmöglichkeiten vorhanden sind, können die betreuenden Personen problemlos die Eier austauschen und so die weitere Vermehrung verhindern.
Fünf Taubenschläge nach dem Augsburger Modell betreut der Tierschutzverein München aktuell. Davon befinden sich drei Anlagen auf dem Tierheimgelände in Riem und einer in der Münchner Innenstadt nahe dem Hauptbahnhof. Ein weiterer Taubenschlag wurde 2019 in Obermenzing neben einem Wohnungslosenheim errichtet, dort werden die Obdachlosen in die Pflege des Taubenschlages integriert.
Wer ein Herz für Tauben hat und bei der Betreuung der Schläge des Tierschutzvereins helfen möchte, kann sich bei der Tierschutzinspektorin Lydia Schübel unter Tel. 089/92100014 melden. Sie ist Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr erreichbar.