Zu den Vorwürfen, dass in der JVA Augsburg-Gablingen Häftlinge misshandelt wurden, nahm heute Bayerns Justizminister Georg Eisenreich Stellung und informierte über den Stand der Aufklärung. SPD und Grüne kritisieren ihn auch danach.
In Gablingen sollen Gefangene geschlagen und in besonders gesicherten Hafträumen (bgH) teils nackt eingesperrt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zehn verdächtige JVA-Mitarbeiter.
„Die im Raum stehenden Vorwürfe im Zusammenhang mit der JVA Augsburg-Gablingen sind gravierend. Wenn in einem Rechtsstaat der Vorwurf von Übergriffen und Misshandlungen im Raum steht, erschüttert dies das Vertrauen der Menschen in die rechtsstaatlichen Institutionen”, so Georg Eisenreich. „Die Menschenwürde ist unantastbar. Gewalttätige Übergriffe auf Gefangene und die rechtswidrige Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum darf es in einem Rechtsstaat nicht geben. Wenn Straftaten im Amt begangen wurden, werden diese mit aller Konsequenz strafrechtlich verfolgt und mit aller Konsequenz dienstrechtlich belangt. JVAs sind keine rechtsfreien Räume.”
„Wir haben in Bayern über 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst. Die überwältigende Mehrheit leistet täglich vorbildliche Arbeit und ist über jeden Verdacht erhaben. Gerade im Strafvollzug leisten sie unter schwierigsten Bedingungen jeden Tag elementar Wichtiges für die Sicherheit in unserem Land. Der im Raum stehende Verdacht gegen die derzeit Beschuldigten schadet der überwältigenden Mehrheit derer, die im Justizvollzug im Einklang mit dem geltenden Recht tätig sind. Auch deshalb muss rückhaltlos aufgeklärt werden”, so Eisenreich.
Nach den Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft Augsburg in der JVA Augsburg-Gablingen am vergangenen Donnerstag wurden folgende Maßnahmen ergriffen:
„Die Aufklärung der Vorwürfe läuft mit Hochdruck weiter”, unterstrich Georg Eisenreich. Eine endgültige Bewertung könne erst nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erfolgen.
Die damalige Anstaltsärztin der JVA hatte Mitte Oktober 2023 in einer Mail erste Vorwürfe bezüglich der Unterbringung erhoben. „Dies wurde sehr ernst genommen und nach interner Prüfung umgehend am 26. Oktober 2023 an die zuständige Staatsanwaltschaft Augsburg weitergeleitet, die Vorermittlungen einleitete“, berichtete Eisenreich. Die Staatsanwaltschaft Augsburg habe im August 2024 mangels zureichender Anhaltspunkte für Straftaten die Ermittlungen eingestellt, sie aber wenig später wieder aufgenommen, nachdem weitere Hinweise eingegangen waren.
Eisenreich äußerte seinen Eindruck, dass einzelne Mitarbeiter der JVA die ermittelnden Experten getäuscht haben.
Nach der E-Mail der Ärztin vor einem Jahr habe die zuständige Abteilung im Justizministerium einen Bericht der JVA angefordert und das Schreiben an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Dies zeige, dass nichts „vertuscht“ wurde. Die Abteilung habe ihn damals jedoch nicht über den Vorgang informiert, erklärte Georg Eisenreich.
„Möglicherweise hat man in der Vergangenheit auch hier im Haus die Dimension der Vorfälle unterschätzt. Rückblickend muss man sagen, dass bei der Kontrolle von Gablingen noch mehr hätte passieren sollen“, sagte Eisenreich heute vor der Presse. Am kommenden Donnerstag will der Justizminister dem Landtag über den Sachstand berichten.
MdL Horst Arnold (SPD) warf dem Justizministerium nach Eisenreichs Erläuterungen vor, „Probleme im Strafvollzug bislang nicht sehr ernst genommen” zu haben. „In jedem Fall hätte das Ministerium sich intensiv weiter um die Vorwürfe kümmern müssen – auch wenn die Staatsanwaltschaft anfangs für sich selbst keine weiteren Ermittlungsansätze sah”, findet er.
MdL Toni Schuberl (Grüne) forderte, der Ministerpräsident müsse sich einschalten und die Sache in die Hand nehmen. „Neben der Aufklärung im Fall Augsburg-Gablingen muss jetzt oberste Priorität haben, dass geklärt wird, ob es ähnliche Vorgänge in anderen bayerischen Gefängnissen und auch in anderen Einrichtungen wie den Forensiken gab oder gibt”, so Schuberl.
MdL Petra Guttenberger (CSU) begrüßte die Bereitschaft des Justizministers, gegenüber dem Landtag zu berichten. „Es stehen schwerwiegende Vorwürfe im Raum. Diese müssen vollumfänglich aufgeklärt werden”, sagte sie. „Wichtig ist, dass die Fakten auf den Tisch kommen, rückhaltlos aufgeklärt wird und keine Vorverurteilungen stattfinden. Absolute Transparenz ist hier das Gebot der Stunde.”
MdL Alexander Hold (Freie Wähler) sagte: „Misshandlungen von Gefangenen sind in einem Rechtsstaat nicht tolerierbar. Wir müssen uns im gleichen Zuge vor Vorverurteilungen hüten. Ich fordere eine lückenlose Aufklärung sowohl der Vorwürfe, als auch der bisherigen Abläufe in der Aufklärung der Sache.”